Würden Sie Paaren SM empfehlen? In welchen Fällen? Wann eher nicht?
Kategorien: Fragen zu unserer Arbeit, Sadomasochismus
Manche Paare spielen in ihrem Alltag SM, ohne dass es ihnen bewusst wäre. Sie bewegen sich unbewusst zwischen Macht, Ohnmacht, Bestrafung und Rache und kommen in Paartherapie, um Auswege aus dauerhaften Streitereien oder die Flaute im Bett zu finden.
In diesem Fall kann es sinnvoll sein, bewusst Szenarien zu gestalten, in denen es um Macht oder Hingabe geht. Bewusst initiierte Szenen können sexuelle Handlungen beinhalten oder auch nicht. Manchmal gewinnen Paare bereits tiefgreifende Erkenntnisse, wenn einer der Partner in dominanter Weise seine Bedürfnisse ausdrückt und deren Erfüllung einfordert. Auch wenn ein Partner sich andererseits in der „Alltags-Beziehung“ eher unterwürfig zeigt, so kann eine große Herausforderung darin bestehen, Befehle des anderen ohne Widersprüche auszuführen.
Menschen, die in ihrem Leben Ohnmacht und Demütigung erfahren haben und diese Erfahrungen und Gefühle in ihrem Alltag und in ihrer Beziehung abwehren, werden auch bestimmte partnerschaftlich-sexuelle Bereiche meiden müssen, um diesen Regungen nicht zu begegnen – damit werden sie sich auch schwer tun, SM bewusst zu spielen.
Gerade das Spiel um Macht und Ohnmacht allerdings kann dann die partnerschaftliche und persönliche Entwicklung fördern – wenn dies mit Bewusstheit und Einfühlungsvermögen auf einer soliden Beziehungsbasis geschieht. Gibt es diese Basis nicht, dann besteht die Gefahr realer Demütigung und Verletzung bzw. einer Aktualisierung vergangener Demütigungserfahrungen. Daher sind solche Spiele nur Paaren zu empfehlen, die in keinen akuten Krisen stecken oder über keinerlei emotionale Sicherheit verfügen. Das Risiko, dass bei so einem partnerschaftlichen Spiel beispielsweise reale Racheambitionen ausgelebt werden, sollte vorher genau eingeschätzt werden.
Wichtig ist zu unterstreichen: Wenn wir als Paar- und Sexualtherapeuten SM-Übungen oder -Szenen empfehlen, dann steht für uns immer die Symbolik im Vordergrund. Wir fördern und empfehlen keine exzessiven Handlungen oder körperlich grenzwertige Rituale. Wenn Paare diesen Bereich betreten wollen, dann sensibilisieren wir für die Symbolik des Rituals. In der Essenz zeigt sich in der Regel das therapeutische Thema und damit die persönlichen Bedürfnisse jedes Partners. Erfahrungsräume für dieses Thema zu kreieren, sehen wir als unsere Aufgabe.
In diesem Sinn arbeiten wir beispielsweise mit den sexuellen Fantasien von Paaren. Auch nutzen wir in einigen Therapien ein bestimmtes sexualtherapeutisches Spiel, das Dominanz und Unterwerfung spielt. Hier geht es jedoch nicht vordergründig um SM-Praktiken, sondern darum, unbewusste Machtkämpfe des Alltags auf bewusster Ebene auszutragen.