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Aus Ihrer Erfahrung als Paartherapeut gesprochen: Funktionieren offene Beziehungen besser oder schlechter als „normale“? Woran liegt das?

Bei Beziehungen gestaltet sich der Begriff „Funktionieren“ nicht ganz einfach. Wann funktioniert eine Beziehung? Biologisch würde man von „Funktionieren“ sprechen, wenn beide Partner Nachkommen zeugen

Aber psychologisch zeigt sich häufig das Problem, dass Partner, die angeben eine harmonische, funktionierende Beziehung zu führen und als Team hervorragend zusammenzuarbeiten über einen Mangel an sexueller Aktivität klagen. Sexuelles Begehren entsteht dann, wenn beide Partner sich in ihrer Selbstständigkeit begegnen. Eine lange und verbindliche Beziehung geht allerdings häufig damit einher, dass beide Partner emotionale Abhängigkeiten eingehen und damit zwar das Gefühl ein sicheres Zuhause zu haben zunimmt, die sexuelle Anziehung hingegen eher abnimmt. Eine Beziehung, die von Menschen als erfüllt beschrieben wird, muss somit immer diese beiden Pole beinhalten: Zum einen geht es darum, dass die Partner in ihrer Eigenständigkeit sichtbar bleiben und zum anderen darum, Verbindlichkeit und Bezogenheit zu entwickeln.
Ob nun eine „offene Beziehung“ oder eine „Normale“ Beziehung gewählt wird, spielt dabei kaum eine Rolle. Schließlich kann man in Beziehung zu mehreren Partnern unverbindlich bleiben und somit keine Einlassung erleben oder auch in einer „normalen“ Beziehung die eigene Entwicklung und die Eigenständigkeit aus den Augen verlieren. Für uns stellen Beziehungen immer eine Möglichkeit der persönlichen Entwicklung dar – wenn beide Partner sich persönlich im Bereich zwischen Selbstständigkeit und Bezogenheit differenzieren und entwickeln können, dann hat eine Beziehung Potenzial. Für uns geht es in Beziehungen immer um die Selbstbeziehung der einzelnen Partner und darum, ob sie hilft diese zu stärken. Je nachdem in welcher persönlichen Phase sich ein Mensch befindet, wählt er fast automatisch die Beziehungsform, die ihm größtmögliche Entwicklungschancen verspricht. So mag für den einen Partner die Öffnung mehreren Partnern gegenüber die Chance zur Lösung aus Abhängigkeiten bedeuten, während ein anderer in einer sog. „normalen“ Beziehung Einlassung und Bezogenheit erlernen kann.