Sind Sadisten oder Masochisten durch besondere psychologische Dinge gekennzeichnet, beispielsweise Narzissmus, beispielsweise Persönlichkeitsstörungen?
Kategorien: Sadomasochismus
Aus der klinischen Literatur ist kein konsistentes Bild von SM-Anhängern hervorgegangen. Es hat einige begrenzte Versuche gegeben, psychologische Tests zur Unterscheidung einer SM-Stichprobe und einer Kontrollgruppe anzuwenden, doch wurden keine nennenswerten Unterschiede festgestellt (Gosselin & Wilson 1980; Miale 1986; Moser 1979). In der psychologischen Typisierung nach A. Lowen findet sich ein masochistischer Charakter – dieser ist allerdings nicht einer sexuellen Präferenz gleichzusetzen. Sadomasochismus selbst ist als Teil des Formenkreises der Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen als Störung der Sexualpräferenz im ICD 10 unter der Schlüsselnummer F65.5 gelistet – d.h. Sadomasochismus selbst gilt unter gewissen Umständen als psychopathologisch relevantes Störungsmuster.
Klar zu sein scheint, dass Personen, die ausschließlich sexuelle Befriedigung in sadomasochistischen Ritualen finden können, entsprechende traumatische Erfahrungen in ihrer Kindheit gemacht haben. Die ritualisierte Form mit dem Umgang von Schmerz und Demütigung dient dann häufig dazu, diese Erlebnisse in einen Kontext zu setzen der unter der Kontrolle der sich betätigenden Personen steht und somit als erfolgreiche Strategie gesehen werden kann, mit diesen Erlebnissen umzugehen.
Doch noch häufiger als dass Paare SM bewusst praktizieren lässt sich ein alltäglicher, unbewusster Sadomasochismus in Beziehungen beobachten. Partner führen sich gegenseitig vor, demütigen sich, enthalten sich gegenseitig Bedürfnisse vor oder verweigern sich den Bedürfnissen des Partners wohlwissend, dass er sich deren Erfüllung herbeisehnt. Hier zeigen sich pathologische Tendenzen. Je nach Grad der Ausprägung lassen sich Beziehungsstörungen diagnostizieren auch unabhängig davon, ob SM bewusst ausgelebt wird oder aber unbewusste Grundlage der partnerschaftlichen Kommunikation ist.