Ist SM ein Bestandteil der menschlichen Kultur, wenn ja, warum? Gab es Hochkulturen, in denen besonders viel SM praktiziert wurde? Woran lag das?
Kategorien: Sadomasochismus
Schon das Kama Sutra (ca. 300 nach Christus) stellt vier Schlagarten beim Liebesspiel mit den dazugehörigen Körperregionen vor. Dabei weist der Text darauf hin, dass Schlagen, Beißen und Kratzen während des Geschlechtsverkehrs nur einvernehmlich geschehen darf– eine feststehende Regel unter SMern, die in dieser Schrift so zum ersten Mal auftaucht.
In religiösen Bewegungen findet man immer wieder Rituale, in denen über (Selbst-)Geißelungen und dem Zufügen von Schmerzen, die Hingabe, Demut und Unterwerfung an eine höhere Macht, einen Gott oder eine Göttin demonstriert wird. Zudem finden sich in der gesamten Menschheitsgeschichte einzelne Texte in denen sich einzelne Personen zu wollüstigen Gefühlen bekennen, beim Ausüben von Macht, bzw. bei der Hingabe an den Schmerz, der von anderen zugefügt wird. Eine ausführliche Chronik des Sadomasochismus in den verschiedenen Hochkulturen findet man auf der Homepage: www.datenschlag.org
In heutigen Zeiten gilt es zwischen denjenigen zu unterscheiden, die leichte SM-Praktiken, wie beispielsweise Kneifen, Kratzen, Beißen und sanfte Schläge nutzen, um ihr Liebesspiel zu erweitern und denjenigen, die Sex ohne SM-Praktiken nichts abgewinnen können und die sexuelle Lust nur in Kombination mit Schmerz, Demütigung oder sadistischen Handlungen erfahren können.
Wir werden durch Beziehungserfahrungen, die wir in der Kindheit gemacht haben, geprägt.
In späteren Beziehungen werden diese Erfahrungen häufig aktualisiert. Dann können auch Rachegelüste, Verachtung, Wut, Schuld und die Sehnsucht nach Strafe oder Demütigung auftauchen. Häufig werden die sexuellen Fantasien durch diese Regungen beeinflusst. Wenn es nicht gelingt, diese im sexuellen Bereich auszuleben, suchen sich diese Regungen in Beziehungen häufig andere Ventile im Alltag. Ein bewusstes Einsetzen von „SM“-Elementen im Kontext emotional enger und verbindlicher Beziehungen kann helfen, mit Spannungen spielerisch umzugehen.
Wenn man einen Blick auf die sexuellen Fantasien wirft, die uns in Filmen, Büchern und Bildern begegnen, wird deutlich, dass in der fantasierten Sexualität häufig mit Tabus gespielt wird. Im Sexuellen wird das Unmögliche möglich und das Belastende erotisiert. So kann der Polizist zum Verführer, der Priester zum Missbraucher oder die Lehrerin zum Opfer der fantasierten Verführungskunst werden.
Da Menschen in allen Zeiten und Kulturen Regeln, Gesetze und Normen auferlegt wurden, die zu Spannungen führen, da sie die individuelle Bewegungsfreiheit einschränken und beschränken, ist auch davon auszugehen, dass Menschen in allen Zeiten und Kulturen mit entsprechenden SM-artigen Fantasien und deren Umsetzung zu tun hatten.
Es ist entscheidend, ob Menschen die SM praktizieren vornehmlich auf Lustgewinn abzielen, d.h. SM spielen oder ob ihnen gar nichts anderes übrig bleibt, als die ernsthafte (Re-)Inszenierung und Erotisierung ehemals belastender Situationen. Die Erotisierung von Tätern ist in der Psychologie als Schutzmechanismus von Opfern bekannt.