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Erfahrungsbericht Sexualtherapie – Böhme

Im Folgenden möchte ich meine Erfahrungen als Teilnehmerin im ersten Durchgang, von 2013 bis 2015, der Fortbildung Sexualtherapie am Institut für Beziehungsdynamik in Berlin schildern.

Beim Versuch, die Fortbildung zu beschreiben, merke ich die Schwierigkeit, die Vielfalt, die ich in den zwei Jahren erlebt habe, zusammen zu fassen. Ein Selbsterfahrungsteil war als wichtiger Bestandteil in der ersten Hälfte der Fortbildung angekündigt. Tatsächlich ging die einmal angestoßene Selbsterfahrung und die Arbeit an der eigenen therapeutischen Persönlichkeit für alle Teilnehmenden bis zum Ende der Fortbildung weiter und darüber hinaus, was ich als große Bereicherung empfinde.
Dieser große Anteil der Selbsterfahrung und die persönlichen Bezüge, die die Fortbildungsleitenden mit ihren eigenen Fall-Geschichten eingebracht haben, war wohl ein wichtiger Grund, dass die Fortbildungsmodule für mich immer spannend waren und die Zeit zu fliegen schien.

Als herausstechendstes Merkmal der Fortbildung empfinde ich die Tiefe der psychischen Prozesse, die sowohl die Ausbildungsgruppe als Ganzes, als auch die einzelnen Teilnehmenden durchlaufen sind. Die Ausbildungsleitenden hatten ein feines Gespür dafür, persönliche Muster und Gruppendynamiken zutage zu fördern, sie in einer Brisanz zu halten, erfahrbar und spürbar zu machen und gaben wichtige Impulse zu ihrer Reflektion.

Methodisch machten die Dozenten einen Rundumschlag in der etablierten Sexual- und Psychotherapie und stellten verschiedene Schulen dar. Sie bedienen sich einer Vielzahl von Ansätzen und Methoden, wobei sie keineswegs beliebig sind, sondern auf Grundlage ihrer langjährigen praktischen Erfahrungen und mit konkreten Beispielen klar herausgestellt haben, wie sie zu den verschiedenen Methoden stehen, wofür diese gut sind, wie und wann sie deren Einsatz empfehlen.
Ihr eigener Ansatz, die „sexuelle Landkarte“, ist verständlich, übersichtlich und in jeder sexualtherapeutischen Situation anwendbar. Er besteht aus einer Matrix von fünf Lebensbereichen, die Einfluss auf die Sexualität haben. Auf dieser Landkarte kann sich ein beziehungsdynamischer Sexualtherapeut orientieren. Sie hilft bei der Exploration, alle Einflussfaktoren abzuklopfen und keinen zu übersehen und ebenso bei der Therapie, den Einfluss der fünf Bereiche zu verändern.
Wir Teilnehmenden haben einen reichhaltigen Reader zur Verfügung gestellt bekommen, der vom Institut für Beziehungsdynamik für die Fortbildung erstellt wurde. Durch diesen umfangreichen Input, durch Hinweise auf weiterführende Literatur und die Möglichkeit zum Austausch auf der Onlineplattform konnten sich die Teilnehmenden in der Tiefe mit den Hintergründen von Sexualtherapie auseinander setzen.
Der geringe Anteil von Frontalunterricht konzentrierte sich auf die Vorstellung von Konzepten und die Visualisierung von Schemata, als Grundlage für eine anschließende Diskussion in der Gruppe. Viele Übungen zu den therapeutischen Methoden machten das Lernen aus, das ich als Erfahrungslernen bezeichnen möchte.

Ich habe den Eindruck, dass die Art wie die Wechsel von kleinen Inputs, Diskussionen, Übungen, Körperübungen und Bewegungssequenzen stattgefunden haben, lernpsychologisch sehr sinnvoll ist und die Fortbildungsleitung damit sehr gut und flexibel auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden und der sich entwickelnden Gruppendynamik eingegangen ist. Eine weitere Besonderheit der Fortbildung ist das Prinzip der Resonanz, mit dem die Beziehungsdynamische Sexualtherapie ständig arbeitet. Es bedeutet das emotionale Mitschwingen des Therapeuten mit den Gefühlen des Klienten, neben – oder noch vor – dem Phänomen von Übertragung und Gegenübertragung. Resonanz kann dabei auch bedeuten, dass ein Therapeut Gefühle wahrnimmt und ausdrückt, die ein Klient hat, aber selbst nicht wahrnehmen oder ausdrücken kann. Das Beobachten dieser Resonanz bei den Dozenten, ihre Erklärungen dazu und das eigene Üben darin hat mir eine neue Wahrnehmungsebene eröffnet. Nicht als Wahrheit, die ich über einen anderen weiß, aber als Hinweis, in welche Richtung sich ein weiteres Erforschen lohnen könnte. Es gab in jedem Modul Körperübungen wie z.B. rhythmisches Atmen in Kombination mit Beckenbewegungen. Ich war oft erstaunt, wie viel dabei emotional bei den Teilnehmenden passiert ist.
Ein weiteres Element waren verschiedene Formen des Tanzes zu zweit. Dabei kam es darauf an, sich abzustimmen, zu lernen, sich selbst und gleichzeitig auch den anderen und die jeweiligen Bedürfnisse wahrzunehmen. Eine Körperkommunikation, wie sie auch beim Sex relevant ist. Dieser spielerische Umgang miteinander war für mich oft freudvoll, manchmal kompliziert und immer interessant. Es zeigten sich Dynamiken, die mit Worten nicht so klar geworden wären. Mit Körperübungen zu arbeiten war mir neu und ich empfinde es inzwischen als große Bereicherung. Ich habe in der Fortbildung gelernt, was die Möglichkeiten und Grenzen von Sexualtherapie sind bzw. meine eigenen, wie ich mit schwierigen Situationen umgehen kann, was meine Haltungen zu verschiedenen sexualtherapeutisch relevanten Themen sind, wie ich einen therapeutischen Prozess gestalte und abschließe, sowie eine Vielzahl von Methoden. Wobei bei der Beziehungsdynamischen Sexualtherapie die Therapiebeziehung eher im Vordergrund steht als die Methoden.

Diana Böhme, Berlin